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Warum Tim Berni zu Servette wechselt und nicht zu den ZSC Lions

NHL, Eishockey Herren, USA Columbus Blue Jackets at Pittsburgh Penguins Dec 6, 2022 Pittsburgh, Pennsylvania, USA Columbus Blue Jackets defenseman Tim Berni 75 warms up before making his NHL debut aga ...
Aus der NHL zurück in die Schweiz: Tim Berni.Bild: www.imago-images.de
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Tim Berni, der «goldene Käfig ZSC» und eine neue Währung im Transfergeschäft

Der Fall von Tim Berni zeigt, dass für junge Spieler Eiszeit und nicht Geld die wichtigste Währung geworden ist. ZSC-Sportchef Sven Leuenberger steckt in einem goldenen Transferkäfig.
13.10.2023, 07:4813.10.2023, 13:13
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Wer hätte das gedacht: Vor 30 Jahren spielte noch kein einziger Schweizer in Nordamerika und die NHL hatte auf Gänge und Läufe in unserer Liga keinen Einfluss. Und nun ist die NHL ein wichtiger Faktor im heimischen Transfergeschäft geworden.

Die NHL mit ihren Traumsalären (bereits mehr als 500 Dollar-Millionäre) ist heute ein realistisches Ziel für einen talentierten Schweizer. Wenn es im ersten Anlauf nicht reicht, dann lohnt sich ein zweiter Versuch auf jeden Fall. Aber eine zweite Chance gibt es nur, wenn einer bei uns eine herausragende Rolle in einem Team bekommt. Das ist das Pech der ZSC Lions und das Glück von Titelverteidiger Servette.

Der ZSC wollte ihn unbedingt

Tim Berni (23) ist von den ZSC Lions ausgebildet worden. In einem ersten Versuch hat er die NHL in zwei Jahren noch nicht erobert (59 Spiele/3 Punkte) und viel Zeit im Farmteam verbracht (89 Spiele/19 Punkte). Deshalb kehrt er jetzt heim. ZSC-Sportchef Sven Leuenberger wollte ihn unbedingt. Aber er hat in Genf einen Vierjahresvertrag unterschrieben. Aufgrund des Transferabkommens der NL mit der NHL hat Tim Berni die Option, jedes Jahr bis zum 15. Juli in die NHL zu wechseln.

ZSC's player Tim Berni, during the preliminary round game of National League A (NLA) Swiss Championship 2020/21 between HC Lugano against ZSC Lions, at the Corner Arena stadium in Lugano, Thursda ...
Tim Berni als Spieler der ZSC Lions.Bild: keystone

Geld spielt beim Entscheid für Servette und gegen die ZSC Lions keine Rolle. Viel wichtiger ist die Möglichkeit, durch herausragende Leistungen noch einmal eine Chance in der NHL zu bekommen. Das ist aber nur mit viel Eiszeit möglich. Einst ging es bei einem Spieler in Bernis Alter darum, das Talent in unserer höchsten Liga zu kapitalisieren. Nun ist es wichtiger, dieses Talent weiterzuentwickeln, um in die NHL zu kommen. In der wichtigsten Liga der Welt ist es möglich, in einem Monat mehr zu verdienen als bei uns während einer ganzen Saison.

Weniger Konkurrenz in Genf

Servettes Sportchef Marc Gautschi sagt: «Wir können Tim Berni eine zentrale Rolle in unserer Abwehr und für seine sportliche Weiterentwicklung bieten.» Genau das, wozu Sven Leuenberger nicht in der Lage ist. Neben Captain Patrick Geering, Dean Kukan, Christian Marti, Mikko Lehtonen, Dario Trutmann und dem «alten Löwen» Yannick Weber wäre Tim Berni mit grosser Wahrscheinlichkeit nur ein Platz am spielerischen Katzentisch mit wenig Eiszeit und ohne Powerplay-Präsenz geblieben.

In Genf ist die Konkurrenz geringer. Er kann davon ausgehen, dass er neben Theodor Lennström, Sami Vatanen und Roger Karrer einen Platz in den ersten zwei Formationen erhalten und Servette nächste Saison nicht mehr zwei ausländische Verteidiger beschäftigen wird. Für den Meister kann Tim Berni nach dem Verlust von Verteidigungsminister Henrik Tömmernes (nach 6 Jahren zurück zu Frölunda) ab sofort einen wichtigen Beitrag zur dringend erforderlichen Stabilisierung der Abwehr leisten. Diese Saison hat nur Lugano mehr Gegentreffer kassiert.

Sportchef Gautschi hat monatelang an diesem Transfer gearbeitet und nach dem Scheitern einer Übernahme von SCB-Verteidiger Mika Henauer (er wechselte leihweise nach Kloten) die Bemühungen erst recht intensiviert. Mit Roger Karrer und Marco Miranda haben bereits zwei ZSC-Talente ihr Glück in Genf gefunden. «Wir sind seit dem Sommer mit Tim Berni in Kontakt und auch Roger und Marco haben mit ihm gesprochen. Das hat sicherlich geholfen», sagt Gautschi. «Wenn wir dafür sorgen, dass Spieler bei uns optimale Voraussetzungen haben, dann werden Transfers etwas einfacher. Die Spieler tauschen sich ja untereinander aus …»

Aus der Komfortzone

ZSC-Sportchef Sven Leuenberger ist zwar enttäuscht, dass er Berni nicht bekommen hat. «Er ist jung, entwicklungsfähig und hat das Profil, das wir gesucht haben.» Leuenberger zeigt aber Verständnis für die Situation: «Er hat uns gesagt, dass er bei Servette bessere Chancen auf eine wichtige Position hat und dass es für ihn besser sei, in Genf eine neue Herausforderung zu suchen. Zürich kenne er ja bereits und in Genf komme er weniger in eine Komfortzone als bei uns.»

An den finanziellen Bedingungen ist der Transfer wohl nicht gescheitert. Sven Leuenberger sagt: «Er hätte bei uns auch einen Fünfjahresvertrag bekommen.» Die Währung in diesem Transfergeschäft war also Eiszeit, nicht Geld. Oder zumindest die berechtigte Aussicht auf mehr Eiszeit.

Geneve-Servette's players celebrate their victory after defeating the team Biel during the shootout session at the National League regular season game of the Swiss Championship between Geneve-Ser ...
Servette fand noch nicht zu meisterlicher Form in dieser Saison.Bild: keystone

Leuenberger sitzt in solchen Fällen transfertechnisch in einem «goldenen Käfig»: Er kann jeden beliebigen Spieler «vergolden» – aber was nützt einem jungen Spieler alles Geld im «goldenen Käfig ZSC», wenn er nicht genügend Eiszeit und Entfaltungsmöglichkeiten bekommt? Es ist die Quadratur des Kreises: Einerseits die ultimative Forderung der Klubbesitzer nach meisterlichem Ruhm und andererseits der Versuch, ein Team laufend zu erneuern: Tim Berni hätte der neue Patrick Geering (33) werden können.

Das Geld, das im laufenden Budget für eine Verpflichtung von Tim Berni reserviert war, wird der ZSC-Sportchef nun in die Verpflichtung eines 7. Ausländers investieren. Voraussichtlich in einen Verteidiger. Ein etwas einfacheres Geschäft, bei dem es mehr um Geld als um Eiszeit gehen wird. Geld können die ZSC Lions, falls erforderlich, immer genug bieten. Eiszeit aber nicht. Wenn je Geld einen Sportchef nicht glücklich gemacht hat, dann Sven Leuenberger.

  • Stürmer
  • Verteidiger
  • Torhüter
player_image

Nation Flag

Aktuelle
Note

  • 7

    Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.

  • 6-7

    Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.

  • 5-6

    Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.

  • 4-5

    Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.

  • 3-4

    Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.

  • Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.

5,2

09.22

5,2

09.23

5,2

01.24

Punkte

Goals/Assists

Spiele

Strafminuten

  • Er ist

  • Er kann

  • Erwarte

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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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John McClane
13.10.2023 09:49registriert April 2015
Wenn man sich nicht gegen Geering, Trutmann und Weber durchsetzt, hat man in der NHL nix verloren. Ganz einfach…
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Playoffbart
13.10.2023 10:02registriert Oktober 2015
Ultimative Forderung der Klubbesitzer nach meisterlichem Ruhm - ist dem wirklich so? Walter Frey ist meiner Meinung nach ein sehr geduldiger Präsident, ohne ultimativen Titelforderungen. Ansonsten wäre Sven Leuenberger nach nur einem Titel in sechs Jahren (trotz beträchtlichem finanziellen Aufwand) kaum mehr im Amt...
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Prinz Ipiell
13.10.2023 08:42registriert April 2022
Ich weiss nicht, wie intensiv man sich beim ZSC hier wirklich um Berni bemüht hat. Klar hat man den gerne in seinen Reihen, aber sie haben ja schon 10 Verteidiger und im Notfall noch GC. Da holt man sich nur Probleme in die Mannschaft, weil ja alle spielen wollen. Einziger Vorteil wäre, dass Berni nicht bei der Konkurrenz spielt.

Das ist für mich eine WIN-WIN-WIN Lösung. Berni bekommt Eiszeit, Genf einen soliden Verteidiger und der ZSC muss sich nicht vorwerfen lassen es nicht probiert zu haben. Alle sind zufrieden, sogar Fischi hat einen Verteider mehr zur Auswahl.
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